– und wenn es noch nicht gut ist, ist es auch nicht das Ende (Oscar Wilde)

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bernhard DielEuropa ist in Schockstarre, die Regierungen sind panisch, die Bevölkerung hortet oder hamstert je nach Bedürfnissen – die Franzosen Rotwein und Kondome, die Amerikaner Waffen und Medikamente, die Italiener Zigaretten und Grappa, die Deutschen Klopapier und Mehl. Viele fragen sich, was alles falsch läuft. Die Antwort ist doch eindeutig, oder?

Die Probleme der europäischen Wirtschaft sind vielfältig, die Schutzmaßnahmen für besonders anfällige Mitbürger zum Teil drastisch. Was die Tourismusindustrie (was daran ist eigentlich eine Industrie?) nun alles erleiden muss, steht noch aus.

Es gibt Kontaktverbote, es ist sogar eine Ausgangssperre im Gespräch. Mehr als zwei Personen gleichzeitig sollen nicht in einem Raum sein. Das von manchem Kultusminister ins Spiel gebrachte „Notabitur“, also ein Abitur ohne schriftliche und mündliche Prüfungen, dessen Note sich aus den Leistungen der letzten beiden Jahre ergibt, scheint nur vorerst vom Tisch. In Hessen laufen die schriftlichen Abiturprüfungen unter zum Teil absurden Bedingungen, die Gründe und Formulare für Einsprüche gegen eventuell zu erwartende schlechte Noten sind sicher bei vielen Anwaltsbüros schon auf Lager. Ähnliche Ideen werden für die mittlere Reife erwartet. Und wie man die mündlichen Prüfungen „kontaktfrei“ gestalten kann, weiß auch noch niemand – vielleicht digital? Die Straßen sind menschenleer, die CO2 Werte so tief wie noch zu Cäsars Zeiten. Für Handel und Industrie ein Alptraum. Viele kleine und mittlere Unternehmen sind auf Laufkundschaft angewiesen, nicht jeder kann ins „home-office“, nicht alles kann online bestellt werden.

Wann wird es wieder volle Freizügigkeit in ganz Europa geben? AEGRAFLEX hat ebenfalls reagiert und die GraFlex 2020 auf das kommende Jahr am gleichen Ort verschoben.

Ist nationale Abschottung eine Antwort auf die Fragen der Zeit? Das – auch wenn das mancher Vertreter auch im Bundestag gerade so von sich gibt – ganz sicher nicht. Wenn die Pandemie, der sich nicht nur Europa, sondern die ganze Welt gegenübersieht, uns eines lehrt, dann dass nationale Alleingänge nichts, aber auch gar nichts, bringen.

Herr Trump möchte Grenzen schließen und den Zugang aus Europa beschränken, außer für Iren und Briten – die Fallzahlen dort sind jedoch höher als im restlichen Europa (derzeit). Österreich, Bayern, Baden-Württemberg haben die Grenzen weitgehend dicht gemacht, dennoch steigen auch da die Fallzahlen stetig. Die Maßnahmen der Regierungen in Deutschland und Österreich, aber auch europaweit, zeigen nur langsam Wirkung, was aber auch nicht erstaunlich ist, da die Kontakte der bereits Infizierten noch in der Inkubationszeit sind; Maßnahmen heute zeigen erst in 10 bis 14 Tagen ihre Wirkung! Was aber definitiv passiert, ist, dass der gefürchtete „peak“ also eine Spitze der Infektionszahlen ausbleibt und es „nur“ eine flache Kurve gibt, also eher Twiggy statt Rita Hayworth.

Dennoch oder gerade deshalb fragen Politiker bereits jetzt nach Ausstiegsszenarien aus dem selbst auferlegten „Innenembargo“. Wir müssen – da hat auch Präsident Trump Recht – den Menschen den Zugang zu Arbeit und Einkommen schnellst möglich wieder ermöglichen. Das meinen auch die beiden sonst nicht sehr kompatiblen Politiker, Boris Palmer und Christian Lindner, wenn sie davon sprechen, den Ausstieg aus dem Ausstieg zu organisieren. Es muss einen Plan für die Zeit danach geben!

Auch wenn der Vorsitzende des Sachverständigenrates der sogenannten „Wirtschaftsweisen“ sagt, dass wir (in dem Fall Deutschland) uns eine Billion Schulden leisten können, müssen wir daran denken, dass es immer das Geld der Bürger ist, das hier verplant wird, Geld, das heute den kleinen und mittleren Betrieben helfen soll, damit die Bürger morgen wieder normal leben können.

Wir werden die Krise meistern! Wir sollten die Krise nutzen, uns wieder auf uns und unsere Familien zu besinnen, neben der Offenheit nach außen auch wieder eine Offenheit nach innen betreiben. Und wir müssen uns wieder an unsere Tugenden erinnern und sie pflegen: Fleiß, Sorgfalt, Innovationskraft!

Bleiben Sie gesund!

Herzlichst Ihr

Bernhard Diel

(OStRiE) ist Geschäftsführer der AEGRAFLEX, der europäischen Vereinigung der Graveure und Flexografen.