Ausbildungsbetriebe stützen!

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bernhard DielCorona hat die Welt derzeit im Griff, das hat auf alle möglichen Bereiche des Lebens einen ungemeinen Einfluss. Da sind zum einen die Eingriffe in die bürgerlichen Freiheiten; wurden diese anfänglich noch größtenteils stoisch hingenommen, zeigt sich – insbesondere in Deutschland – mittlerweile, dass die Bürger nicht mehr mit dem Management der Regierungen einverstanden sind. Auch wenn die Ausschreitungen, die man in Frankreich sehen konnte, nicht in die anderen Länder übergeschwappt sind, ist die Akzeptanz der Maßnahmen angesichts der weltweit fehlenden Perspektiven auf einem Tiefpunkt.
Hier müssen alle (!) Regierenden Wege finden, die sich abzeichnende Krise abzuwenden, mit einer konsequenten Impfstrategie, mit Transparenz und der Rückkehr zur Demokratie. Es ist mittlerweile schon fragwürdig, wie Regierungen ohne die Beteiligung der Parlamente Eingriffe in die Bürgerrechte beschließen und umsetzen.
Ein Thema, das momentan völlig untergeht, ist die Ausbildungssituation. Auch hier hat Corona tückische Folgen. Bereits im Jahr 2020 musste ein Minus von 11% in der Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge verzeichnet werden. Für das Jahr 2021 sieht es laut DGB noch düsterer aus.
Dabei ist das Ausbildungssystem in Deutschland ein Erfolgsmodell. Die duale Ausbildung, die auch in anderen europäischen Ländern angedacht wird, sorgt für eine sehr gute Ausbildung der Lehrlinge. Das zeigt sich u.a. an einer Übernahme von 70% der fertigen Auszubildenden durch die Ausbildungsbetriebe. Doch hier hakt es: viele Betriebe mussten Kurzarbeit anmelden, viele Betriebe haben aus Vorsicht – und weil sie eine Insolvenz befürchten – keine neuen Ausbildungsplätze mehr angeboten.
Dabei ist eine gute und fundierte Ausbildung nicht nur für den Standort wichtig, sondern eben auch für den Fortbestand des Wirt-schafts- und Berufszweiges.
Wie gut und wichtig Ausbildung ist und sein kann, hat uns die leider verstorbene Brigitte Röher oft genug erzählt und wichtiger noch vor- gelebt. In ihren vielen Jahren als Ausbilderin hat sie sich nicht nur um die reine Ausbildung, sondern eben auch die Auszubildenden gekümmert, sie aufgebaut, ermutigt und mit ihnen ihre Stärken (und Schwächen) erkundet.Es gibt viele Studien zum Thema Bildung. Die bekannteste dürfte die Hattie-Studie sein, die 2009 vorgestellt wurde. Hattie stellt die Rolle der Lehrpersönlichkeit mit ihrem Beispiel an fachlichem Können und noch wichtiger an Persönlichkeit als einen der wichtigsten Faktoren der Bildung in den Mittelpunkt.
Der Lernort ist wichtig, keine Frage, wichtiger sind nach Hattie das Feedback und das Vorbild der Lehrperson. Hier hat Brigitte Röher wieder ein Beispiel gesetzt.
Für die Aus- und Bildung eines Menschen ist es wichtig, dass er nicht nur die motorischen Fähigkeiten erlernt, sondern eben auch insbesondere die menschlichen Fähigkeiten, strategisches Denken, Planung und ein Gefühl für Kunstfertigkeit. Hier spielen die Ausbildungsbetriebe eine sehr wichtige Rolle, hier können die Lehrlinge von den Ausbildern lernen, als Vorbildfunktion ebenso wie auch als Negativbeispiel.
Wie kann die Ausbildung gerettet werden?
Die (Handwerks-)Betriebe, und die stellen die Mehrzahl der Ausbildungsplätze zur Verfügung, müssen ausbilden! Dazu müssen die Regierungen jedoch auch die Voraussetzungen schaffen. Je länger die elenden Lockdowns in die Länge gezogen werden, desto schlechter die Chancen. Geld muss den Betrieben zur Verfügung gestellt werden, zumindest als zinslose Darlehen mit langen Rückzahlungsfristen, damit die Betriebe überleben können. Die Impfstrategien müssen angepasst werden, damit Auszubildende ihre Ausbildung auch wahrnehmen können. Es braucht verlässliche Exit- Strategien.
Hier ist der Ordo-Staat gefordert, damit seine Bürgerinnen und Bürger sicher und vor allem zukunftssicher planen und leben können. Es ist fast 5 nach 12. Es ist an der Zeit, etwas zu tun, zu gestalten statt nur (schlecht und) einfallslos zu verwalten.
Herzlichst Ihr

Herzlichst, Ihr

Bernhard Diel

(OStRiE) ist Geschäftsführer der AEGRAFLEX, der europäischen Vereinigung der Graveure und Flexografen.