
Immer wieder freitags
– wird die Welt nicht gerettet!
Liebe Freitagianer,
Ihr sagt zurecht, dass wir Euch Eure Zukunft gestalten. Das ist eine zutiefst menschliche Angelegenheit.
Unsere Eltern haben uns durch ihre harte Arbeit einen für sie nie gekannten Wohlstand ermöglicht. Unsere Großeltern haben dies genauso auch für unsere Eltern gemacht, unsere Urgroßeltern, Ururgroßeltern und immer so weiter. Jede Generation arbeitet hart, damit die Kinder es gut haben.
Ein Nebeneffekt war dabei aber immer – und zwar ebenso zurecht – , dass die Elterngeneration von dem Wohlstand etwas mit abbekam. Das ist bei uns und Euch auch so.
Wir arbeiten hart, verzichten auf das Eine und das Andere, damit Ihr es gut habt: das fängt mit den Kleinigkeiten an, den Kindergeburtstagen, die heute nicht mehr wie bei uns im Garten stattfinden, sondern in Kiki-Island oder irgend einer anderen Attraktion, im Kino oder wo auch immer, es werden nicht nur Geschenke gebracht, nein, es werden, quasi im Gegenzug, Mitgebsel mitgegeben; dann ermöglichen wir Euch auch noch das Dreirad, das Fahrrad, das Skateboard… – heute natürlich alles mit E-Antrieb, zuhause gibt es auch einen eigenen Fernseher, iMac, iPad, iPod, iPhone – und für all das gilt: „I paid!“, gemeinsam geht es in den Urlaub, bis Ihr zu alt seid, dann fahrt Ihr – auf unsere Kosten – alleine mit den „Homies“ ins Ausland; studieren soll auch jeder von Euch können, wenn das Abitur geschafft ist, oder eine andere Ausbildung, die nicht so viel Geld einbringt, wie Ihr verbraucht; das erste Moped, Motorrad und/oder Auto darf natürlich auch nicht fehlen; das Internet ist selbstverständlich immer und überall verfügbar (es wird ja nicht umsonst schon fast als Menschenrecht gehandelt); Musik wurde früher von uns für Euch gekauft, heute kaufen wir Euch den Zugang zum Streamingdienst, Fernsehen reicht schon lange nicht mehr, nun wird genetflixt oder geprimet, alles live und überall natürlich; Eure Kleidung darf nicht zu alt sein, damit Ihr nicht „out“ seid, und mehrfach täglich umziehen ist nicht nur dem Schweiß geschuldet; Mikki Di oder Burger, Sterneneimer, oder wie auch immer, dienen nicht nur dem Sattwerden, sondern auch dem Kaffee auf den Weg (neudeutsch „to go“), den Ihr, wegen „fuck the system“ aus dem Pappbecher im Sitzen konsumiert; zuhause muss es natürlich auch eine kleine Maschine sein, ob nun als Pad oder Aludeckel, denn der Kaffee für eine Person muss auch schnell da sein, und daher sind diese Maschinen auch immer auf Stand-by, genauso wie die diversen Ladegeräte für die i-Geräte.
Versteht mich nicht falsch, ich nutze all diese Geräte auch gerne – viel zu oft sogar beruflich, aber ich will auch nicht die Welt retten.
Und jetzt sollen wir Eure Zukunft retten.
Doch dazu fordere ich Euch selber auf: rettet Eure Zukunft selber! Ihr habt es in der Hand:
– Zu viel CO2 wegen Autos und Reisen? Hört selber auf, in den Urlaub zu fahren, in der Freizeit Eure „Homies“ motorisiert zu besuchen, fliegen solltet Ihr sowieso nicht, Kreuzfahrt usw.!
– Die Kraftwerke produzieren zu viele Abgase und zu viel Müll? Dann hört auf, alles online zu machen! Nutzt das Internet nicht mehr, telefoniert nicht mehr mit dem Mobiltelefon (ok, das macht Ihr sowieso kaum, Ihr nutzt lieber einen Internetdienst), vergesst die Kopfhörer und hört der Natur zu, vergesst die Displays und schaut lieber in die Natur!
– Die Industrie macht Eure Umwelt kaputt? Kauft nicht mehr so viel ein, kauft lokal und nicht im Online-Dienst, trinkt den Kaffee aus einem richtigen Becher und nutzt eine richtige Kaffeemaschine.
– Die Landwirtschaft verseucht den Boden? Kauft Eure Hühnereier lokal beim Bauern, kauft nur Bodenfrüchte, die lokal gezogen wurden, kauft nur Fleisch beim lokalen Metzger, der vom lokalen Landwirt kauft. Oder pflanzt es euch einfach selber!
– Fleisch versaut die Umweltbilanz? Vergesst den Burger, die Chickennuggets oder was auch immer aus dem Schnellrestaurant, kein Döner, kein Gyros an der Bude.
– Eure Ökobilanz sieht mies aus? Verzichtet auf Nachwuchs, der kostet viel Geld und versaut die Umwelt.
Und ja, das ist ernst gemeint! Rettet Eure Zukunft selber, indem Ihr bei Euch anfangt, auf Dinge zu verzichten! Fordert nicht andere auf, an Eurer Stelle auf Dinge zu verzichten, geht mit gutem Beispiel voran! Zeigt nicht mit dem Zeigefinger auf uns, mindestens drei Finger zeigen dabei wieder auf Euch zurück.
Und ja, das hat Konsequenzen, nicht nur für Euch und Euren Lebensstandard, denn alles wird für Euch teurer werden, sondern eben auch für Eure Mitbürger, und Menschen, deren Lebensunterhalt von vielen Dingen abhängt. Denn Geld wächst nicht am Baum, es will erarbeitet werden, damit es dann den Lebensstandard finanzieren kann.
Herzlichst, Ihr
Bernhard Diel