Liebe Leserin, lieber Leser!
Bernhard DielDurch die Novelle der Handwerksordnung der Bundesrepublik werden nun zwölf weitere Berufe wieder zu „Berufen mit Meisterpflicht“. Die Intention der Bundesregierung liegt laut Pressemeldung darauf, dass es weniger „Scheinselbständigkeit“ dafür aber mehr „Qualität“ gäbe, es wird also einerseits auf den Verbraucherschutz abgehoben. Andererseits sollten vor allem Berufe, die eine „Gefahr während der Arbeit“ implizieren, mit dem Meister wieder sicherer gemacht werden; das Beispiel der Gerüstbauer zeigt aber, wie kurz man gesprungen ist – der Maler oder Fassadendekorateur darf weiterhin ohne Meister Gerüste aufstellen.
Als die rot-grüne Bundesregierung die Meisterpflicht in den meisten Berufen abschaffte, wollte sie damit den Arbeitsmarkt flexibilisieren. Das hat mehr oder weniger gut funktioniert. Das Musterbeispiel des Fliesenlegers, der nun auch aus anderen Ländern kommend in der Bundesrepublik für billigere Angebote sorgte, hat sich jedoch als Bumerang heraus gestellt; die Arbeiten, die gerade in diesem Bereich abgeliefert wurden, waren in so vielen Fällen „mangelhaft“, dass man sich zu einer Reaktion gezwungen sah.
Nun gebietet es die Diskussionskultur, dass man alle Seiten betrachtet und sich eben auch mit den Argumenten der Gegenseite beschäftigt. Kopf in den Sand und „lalala” singen stoppt jeden Diskurs. Derzeit ist es sogar so schlimm, dass man eine Diskussion gar nicht erst anfangen darf, da man von der vermeintlichen Gegenseite sofort in eine Ecke gestellt wird, damit man sich nicht mit deren Argumenten auseinander setzen muss. Und auch wenn es nun so scheint, dass man zu manchen Themen nur noch die öffentlich transportierte Meinung haben und nur diese für richtig halten darf, so war es doch immer der Diskurs, der zu Lösungen auch der schwierigsten Probleme geführt hat.
In der Frage nach einer Meisterpflicht kann man nun sagen, dass die Tradition des Handwerks gestärkt werden müsse und dass gerade die Meisterausbildung diesen Schutz gewährleiste.
Auf der anderen Seite wurde immer angeführt, dass die Meisterausbildung derart teuer sei, dass man es sich den Meisterkurs gar nicht wirklich leisten könne, oder die Preise der Produkte des Meisters wären durch den „Meister“ so hoch, dass man keine konkurrenzfähigen Angebote machen könne.
Die Meisterausbildung sollte und soll dafür sorgen, dass die abgelieferte Arbeit auch allen Ansprüchen – insbesondere den versprochenen – genügen. Auf der anderen Seite war schon immer klar, dass eine ordentliche Ausbildung und eine hinreichend lange Zeit als Geselle, insbesondere dann, wenn durch den Arbeitgeber konsequent auf Weiterbildung gesetzt wird, zu einer sehr guten Qualität führen – und jemand, der zwei linke Hände hat, den kann auch ein Meisterkurs nicht zu einem Meister machen.
Ein Meister sorge für Ausbildung, sagt die eine Seite, die andere sagt, dass der Zulauf zu den Handwerksberufen schon lange zurück geht – die Jugend will heute „irgendwas mit Handy“ machen, so wie vor nicht allzu langer Zeit „irgendwas mit Computer“.
Damit ist nur eine kleine Auswahl an den gegebenen Argumenten angedeutet. Um eine Lösung der Meisterfrage muss nun im Diskurs gestritten werden.
Der Meistertitel sollte ein Aushängeschild sein, das in der EU zu wenig beworben wurde, das den anderen Mitgliedsstaaten zu wenig schmackhaft gemacht wurde. Ein guter Schritt war es, den Meistertitel in den europäischen Qualifikationsrahmen einzubinden. Der Vorstoß, der es den Meistern ermöglicht in ein Bachelor Studium einzusteigen, geht aber nicht weit genug, wenn es um den Vermarktungsgedanken geht.
Und dieser stand doch eigentlich am Anfang des Meisters, die Zünfte regelten den Markt, und Zugang zum Markt bekam man eben nur als Meister. Dass dies heute nicht mehr der Fall ist, ist ein Segen, da der Markt nun – vor allem aus Verbrauchersicht – offener ist. Dennoch wäre es den Innungen im deutschsprachigen Raum gut angestanden, ihre Position viel härter zu verteidigen, anstatt sie auf dem Altar der Anpassung zu opfern, anstatt klar zu machen, dass es ein „Qualitätsanspruch“ ist, den man verteidigt und den man auch verteidigen sollte. Aber das Wasser ist längst den Rhein runter …
Um den Meister nicht als eine weitere Verpflichtung sondern als Markenzeichen und Zeichen für Qualität zu zeigen, müssten folgende Punkte in den Vordergrund gerückt werden:

– Leichterer Zugang zu Kursen
–  Zusammenarbeit der europäischen Innungen und Verbände (das wäre zumindest im Deutsch-sprachigen Raum recht einfach, da hier die „Meister Konzepte sehr ähnlich sind
– Weniger Kosten für die Bewerber
– Stärkere Unterstützung von Betrieben
Und vor allem: Besseres Europa-weites Marketing, um die Vorteile einer Meisterausbildung zu verdeutlichen.
Herzlichst Ihr
Bernhard Diel