Der Spaltung der Gesellschaft entgegen wirken

Bernhard Diel

Liebe Leserin, lieber Leser!

Kennen Sie das? Sie haben einen Freund, mit dem sprechen Sie über ein kontroverses Thema. Im Zuge der Diskussion stellt sich heraus, dass sich Ihre Meinungen diametral entgegen stehen.

Im normalen Leben – früher sozusagen – würde man versuchen, miteinander auf einer sachlichen Ebene zu diskutieren. Heute ist das in so manchem politischen Feld nicht mehr möglich.

Nehmen Sie den Bereich Klimawandel. Prinzipiell gibt es hier drei Positionen: es gibt gar keinen Klimawandel, es gibt einen Klimawandel (wir müssen uns anpassen) und es gibt einen Klimawandel, den der Mensch verursacht (und wir müssen uns nun komplett verändern, damit die Welt gerettet wird).

Für alle drei Positionen gibt es von wissenschaftlicher Seite Belege, die man so oder so interpretieren kann. Das Problem scheint heute jedoch zu sein, dass man mit einem „Klimaleugner“ (ja, ich weiß, eine statistische Größe kann man nicht leugnen, es müsste eigentlich Leugner des Klimawandels heißen) nicht mehr reden und sich seine Argumente nicht einmal mehr anhören darf; damit das gelingt, wird der Gegner in der Sachfrage als „Unmensch“ hingestellt, in Deutschland heißt das in die rechte Ecke. In Diskussionen werden Wissenschaftler und Politiker im wahrsten Sinne des Wortes der Stimme beraubt, indem man sie niederschreit oder gar nicht erst zu einer Diskussion einlädt.

Was läuft in einem Land falsch, in dem der Bundesvorsitzende der Liberalen (!), Herr Lindner, während eines Universitätsvortrages in Bochum niedergeschrien, und in Hamburg aber im Gegensatz zum Vorsitzenden der JuSos, Herrn Kühnert, oder Frau Wagenknecht von der Linken gar nicht erst reden darf? Da helfen doch auch keine faulen Ausreden der Universitätsleitung mehr, hier wird eindeutig eine Richtung laut und die andere abgestellt.

Oder nehmen Sie das Beispiel des Hirsebauern, der die Hirse nicht nur biologisch anbaut, sondern sie erst in der Bundesrepublik wieder eingeführt hat; dessen Bio-Hirse schmeißt man aus dem (Bio-)Sortiment, weil der Firmenchef in der falschen Partei aktiv ist – so als würde man es der Hirse anmerken oder gar „an-schmecken“. Oder nehmen Sie das Thema der Migration – das spaltet derzeit nicht nur in Deutschland – sogar Familien; da sagt die eine Seite, dass man alle, oder zumindest möglichst viele Migranten aufnehmen müsse, schließlich gebiete das die christliche Nächstenliebe; die andere Seite sagt, dass man das nicht dürfe, sondern sich ein wenig auf den zweiten Teil des Gebots der Nächstenliebe besinnen solle, wo es heißt „wie dich selbst“; die dritte Seite will gar alle Migranten raus schmeißen, wenn es sein muss mit  affengewalt. Auch hier wird schon lange nicht mehr sachlich diskutiert: ist man in der Migrationsfrage nicht auf Linie der transportierten Meinung (was übrigens die Mehrheit der meist stummen Bürger ist), so ist man sofort rechts.

Auch hier wird nicht mehr diskutiert, sondern nur noch „geschrien“, gepöbelt und denunziert. Diese Spaltung unserer Gesellschaft ist schon ziemlich einmalig und führt zu sonderlichen Stilblüten, die auch vor „Geschäftsschädigung“ nicht Halt machen. Nehmen wir als Beispiel eine Zeitung, deren Kommentatoren nicht mit der eigenen Meinung übereinstimmen, sei es die lokale Presse, seien es Magazine oder Fachzeitschriften. Da kann man dann als normaler Leser das Abo einer solchen Zeitung kündigen und muss sich dann nicht mehr mit deren Argumenten auseinander setzen. Oder besser, man könnte eine Gegendarstellung in eben dieser Zeitung veröffentlichen – früher nannte man das einen Leserbrief, aber dann müsste man ja seine Meinung artikulieren und obendrein mit Gegenargumenten rechnen. Also geht man nun einfach einen Schritt weiter als nur zu kündigen, und schreibt alle seine Freunde an, um denen klar zu machen, welch linkes oder rechtes Pack doch die Kommentatoren dieser Zeitung sind, und man fordert sie damit implizit auf, ebenfalls das Abo zu kündigen, und das ist nicht nur eine Beleidigung und Herabsetzung der anderen Leser, die eben nicht kündigen wollten, sondern das ist obendrein auch noch „geschäftsschädigend“! Auch wenn ich Nazi-Vergleiche Abgrund tief hasse, da man damit meist das Leid der Verfolgten des sogenannten dritten Reiches relativiert, so muss man hier sagen, dass die Nazis genau diese Methode angewendet haben, um missliebige Stimmen ruhig zu stellen – oder um Göbbels zu zitieren: „Man muss nur lange genug mit Dreck werfen, irgendwann bleibt etwas hängen!“.

Der Aufruf an unsere Gesellschaft, insbesondere die in Deutschland, muss nun eindeutig heißen: Wehrte den Anfängen! Stellt Euch der politischen Diskussion anstatt sie niederzuschreien.

Herzlichst Ihr

Bernhard Diel